Welfen

Erstmalige Erwähnung: 819

Beschreibung:
Die Welfen sind neben den Kapetingern und den Reginaren das älteste noch existierende Hochadelsgeschlecht Europas. Seit dem 8. Jahrhundert bekannt, erreichte die Dynastie einen ersten Machthöhepunkt im Hochmittelalter im Heiligen Römischen Reich, als sie Herzöge von Bayern und Sachsen sowie als Konkurrenten der Staufer einen Kaiser stellte. In der Neuzeit standen die Welfen erneut im Zenit, als sie zu Kurfürsten und Königen von Hannover sowie zu Königen von Großbritannien und Irland aufstiegen.

Die Welfen

Die ursprünglich fränkische, aus dem Maas-Mosel-Raum stammende Familie war eng mit dem Kaiserhaus der Karolinger verwandt, das sie mit einer Grafschaft in Oberschwaben und eine Seitenlinie im Jahr 888 mit dem Königreich Burgund belehnte. Mit Welf III., Herzog von Kärnten und Markgraf von Verona starb die Familie 1055 im Mannesstamm aus. Daraufhin heiratete seine Schwester Kunigunde in die oberitalienische Familie d’Este ein, von der die jüngeren Welfen abstammen. Diese stellten – mit Unterbrechungen – von 1070 bis 1180 die Herzöge von Bayern, von 1137 bis 1180 die Herzöge von Sachsen und ab 1235 die Herzöge von Braunschweig-Lüneburg. 1692 erlangte die im Teilfürstentum Calenberg-Göttingen regierende Linie die Kurfürstenwürde von Hannover. Mit Georg I. bestiegen die Welfen 1714 als Erben der Stuarts den britischen Thron, den sie bis 1901 innehatten. Das Kurfürstentum wurde auf dem Wiener Kongress 1814 zum Königreich Hannover erhoben und bis 1837 von den britischen Monarchen in Personalunion regiert. Danach herrschte ein nach Deutschland zurückgekehrter Zweig des englischen Königshauses, der 1866 nach der Annexion Hannovers durch Preußen ins Exil ging. Eine ältere Linie regierte im Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel, das 1814 zum Herzogtum Braunschweig wurde. Nach dem Aussterben dieser Linie 1884 fiel der Braunschweiger Thron an die im österreichischen Exil lebende hannoversche Linie, die ihn aber erst 1913 einnehmen konnte. Ihre Herrschaft endete am 8. November 1918 mit der Abdankung Ernst Augusts, des letzten Welfenherzogs, infolge der Novemberrevolution. Am 6. Februar 1981 starb mit der damals 63 Jahre alten Ex-Königin Friederike von Griechenland, Tochter des 1918 entthronten Braunschweiger Herzogs, die vorerst letzte Welfin, die einen Thron innegehabt hat. Oberhaupt der Familie ist derzeit ihr Neffe Ernst August von Hannover (* 1954), Ehemann von Prinzessin Caroline von Monaco. Es wird zwischen den älteren und den jüngeren Welfen unterschieden, bei den älteren zudem zwischen den burgundischen (auch Rudolfinger genannt) und schwäbischen Welfen, deren Stammburg bei Weingarten (Altdorf) im Schussental lag. Der verwandtschaftliche Zusammenhang zwischen diesen beiden Linien ist aufgrund der Namensgleichheit wahrscheinlich, aber nicht gesichert. Woher der Name Welf (italienisch: Guelfi, englisch: Guelph) rührt, ist unbekannt. Erst über 700 Jahre nach der urkundlichen Ersterwähnung des frühmittelalterlichen Geschlechts entstand im Spätmittelalter (nach 1485) zur Erklärung dieses Namens die Welfensage. Die burgundischen Welfen stammen nach der weithin akzeptierten Ansicht Josef Fleckensteins aus der fränkischen Herrschaftsschicht und treten urkundlich erstmals im 8. Jahrhundert mit Graf Ruthard auf, der als einer der Stammväter der Familie gilt und nach 746 Besitz an Maas und Mosel, also im Kerngebiet der karolingischen Macht, erwarb. Seit der Mitte des 8. Jahrhunderts waren die Welfen auch in Oberschwaben begütert, am bekanntesten davon ist ihr Besitz in Weingarten (damals Altdorf). Nach der Familienlegende führen die Welfen ihren Stammbaum bis auf Edekon zurück, einen hunnischen oder skythischen Fürsten zur Zeit Attilas um 450 und Vater des Odoaker. Die gesicherte Stammreihe der Familie beginnt jedoch erst mit Graf Welf I. (819 bezeugt). Ihm gelang es, seine Machtposition durch die Verheiratung seiner beiden Töchter Judith († 843) und Hemma († 876) mit den Karolingern Ludwig dem Frommen († 840), dem Sohn und Nachfolger Karls des Großen, und mit dessen Sohn, König Ludwig dem Deutschen († 876), auszubauen und zu festigen. Welfs Sohn Konrad begründete die burgundische Linie der Welfen, die im Jahr 888 den Thron des Königreichs Burgund (Hochburgund) bestieg und 1032 mit Rudolf III. erlosch. Mit Adelheid, der Gemahlin Ottos des Großen, stellte auch diese Linie eine frühe Kaiserin des Heiligen Römischen Reichs. Welf II., wahrscheinlich ein weiterer Sohn Konrads, wurde Graf im Linzgau und Alpgau und ist der Stammvater der schwäbischen Welfen, wobei die familiären Zusammenhänge nicht nur zwischen ihm und Konrad, sondern auch zwischen ihm und seinen Nachkommen nicht genau bekannt sind. Erst mit Rudolf I., der 935 bezeugt ist, und seinem Bruder Konrad, der als Heiliger Konrad von Konstanz bekannt ist, und die beide Urenkel Welfs II. sein können, setzt gesicherte Information wieder ein. Die schwäbischen Welfen gründeten ihre Macht auf umfangreichen Allodial- und Lehnsbesitz in Schwaben, Rätien und Bayern. Um die Mitte des 9. Jahrhunderts kam das mittlere Schussental als Grafschaft Schussengau in Besitz des schwäbischen Zweiges der Welfen (laut Josef Fleckenstein ursprünglich Franken aus dem Maas-Mosel-Raum), die bei Altdorf auf dem Martinsberg eine Pfalz errichteten, ihre neue Stammburg. Um 935 gründeten die Welfen in Altdorf ein Frauenkloster, das als Grablege (Familiengrab) ihres Geschlechts bestimmt war, aber bereits 1053 durch einen Brand zerstört wurde. Die Nonnen wurden zunächst auf den Martinsberg umgesiedelt. Welf III., ein Urenkel Rudolfs I., wurde 1047 zum Herzog von Kärnten ernannt, mit ihm erlosch die Familie im Mannesstamm aber auch schon acht Jahre später. Name und Besitz der Welfen gingen auf den Sohn seiner Schwester Kunigunde oder Kunizza über, die etwa zwanzig Jahre zuvor den italienischen Markgrafen Alberto Azzo II. d’Este geheiratet hatte; er ist der Stammvater der jüngeren Welfen aus dem Hause Este; dieses war ebenso wie die Welfen ursprünglich ein fränkisches Geschlecht aus dem Umkreis Karls des Großen, das er in der Lombardei mit der Verwaltung von Grafschaften betraut hatte. Welf IV., der Sohn Kunigundes und Alberto Azzos, wurde im Jahr 1070 von König Heinrich IV. zum Herzog von Bayern ernannt. 1056 gründete Welf IV. nach der Verlegung der Stammburg bei Altdorf auf die benachbarte Veitsburg bei Ravensburg auf dem Altdorfer Martinsberg ein neues Benediktinerkloster, das mit Mönchen aus Altomünster besiedelt wurde, die heutige Abtei Weingarten; die Altdorfer Nonnen besiedelten im Gegenzug das Kloster Altomünster. Mit Welf IV. und seinen Söhnen Welf V. und Heinrich dem Schwarzen begann die Zeit, in der die Familie im Kaiserreich in der Opposition gegen die Staufer die zentrale Rolle spielte, insbesondere, nachdem Heinrich durch seine Ehe mit der Billungerin Wulfhild, Erbin der Gebiete um Lüneburg, die Machtstellung der Welfen in Sachsen begründete sowie beider Sohn Heinrich der Stolze durch seine Ehe mit Gertrud von Sachsen, der einzigen Tochter des Kaisers Lothar III., dessen brunonischen Hausbesitz um Braunschweig und gegen Ende seines Lebens zusätzlich den Titel eines Herzogs von Sachsen erwarb. Der sich aufgrund dieser Position andeutende Schritt zum Königtum gelang den Welfen jedoch nicht. Anstelle Heinrichs wurde 1138 der Staufer Konrad III. gewählt – Heinrichs Machtfülle und sein Temperament erschienen den anderen Fürsten zu bedrohlich. Als Konrad von Heinrich den Verzicht auf eines seiner beiden Herzogtümer verlangte, kam es zum Streit, der Verhängung der Reichsacht über Heinrich und dem Entzug beider Herzogtümer. Zwar konnte Heinrich Sachsen gegen alle Angriffe bewahren, er starb aber bereits ein Jahr später, noch ehe er das 32. Lebensjahr vollendet hatte. Nach dem Tod Heinrichs des Stolzen übernahm zunächst sein Bruder Welf VI. die Führung des Hauses und die Verwaltung der welfischen Stammgüter in Schwaben, da Heinrich der Löwe, der einzige Sohn Heinrichs des Stolzen, noch nicht volljährig war. 1142 gelang es ihm, von Konrad III. die Rückgabe des Herzogtums Sachsen an Heinrich den Löwen zu erreichen. Markgraf Welf VI. gründete 1147 das Prämonstratenserkloster Steingaden als Hauskloster und Grablege. Schon um 1120 war Judith, die Schwester Heinrichs des Stolzen und Welfs VI., mit Friedrich von Staufen, Herzog von Schwaben, verheiratet worden, um einen Ausgleich zwischen Staufern und Welfen zu bewirken. Aus dieser Ehe ging der spätere Kaiser Friedrich Barbarossa hervor, der 1151 eine Versöhnung zwischen seinem Onkel Konrad III. und seinen welfischen Vettern bewirken konnte. Konrad war 1152 gestorben und Friedrich sein Nachfolger. Im Zuge der Aussöhnung erhielt Heinrich der Löwe 1156 das Herzogtum Bayern zurück. Welf VI. wurde Herzog von Spoleto und damit der mächtigste Mann im italienischen Reichsteil, da er aufgrund seiner Verwandtschaft mit dem Hause Este auch über Sardinien und als Markgraf über Tuscien herrschte. In der Tübinger Fehde (1164–1166) zeigte sich die Abhängigkeit des Kaisers von den Großen des Reiches genauso wie die Komplexität der Herrscher-Beziehungen, die nicht auf den staufisch-welfischen Gegensatz zu reduzieren ist. Als 1167 aber sein einziger Sohn Welf VII. an der Malaria starb, verlor er das Interesse an der Politik und vermachte Friedrich I. Barbarossa durch Erbvertrag die welfischen Hausgüter in Schwaben, namentlich Ravensburg und Altdorf, die nun den staufischen Hausgütern zugeschlagen wurden. In der Folge kam es zu neuerlichen Konflikten zwischen dem Kaiser und seinem Vetter Heinrich, im Verlauf derer dieser nicht nur seine Herzogtümer Bayern und Sachsen verlor (1179 Reichsacht, 1180 Aberkennung der Reichslehen), sondern auch nach England zu seinen Verwandten aus dem Hause Plantagenet ins Exil gehen musste – seine Frau Mathilde war die Schwester von Richard Löwenherz. Die Macht der Welfen in Deutschland war gebrochen, Sachsen wurde aufgeteilt (die westfälischen Teile wurden herausgelöst und dem Erzbischof von Köln übertragen, das übrige Herzogtum erhielten die Askanier), das Herzogtum Bayern aber übertrug der Kaiser seinem getreuen Gefolgsmann Otto I. von Wittelsbach, wodurch er die bis 1918 währende Herrschaft der Wittelsbacher begründete. Nach einer Versöhnung mit dem Kaiser 1194 erhielt er zwar einen Teil seiner Güter und Titel zurück, der Kampf zwischen Staufern (verbündet mit dem französischen Königshaus der Kapetinger und mit Aragon) und Welfen (verbündet mit dem Haus Anjou-Plantagenet) dauerte aber fort, spiegelt sich vor allem in den inneritalienischen Auseinandersetzungen der kaisertreuen und der papsttreuen Partei (der Ghibellinen und Guelfen) wider. Ein letztes Aufflackern der welfischen Opposition war die Wahl Ottos IV., Sohn Heinrichs des Löwen, 1198 zum Gegenkönig zu Philipp von Schwaben. Nach dessen Ermordung 1208 wurde Otto 1209 durch Papst Innozenz III. zum ersten und einzigen welfischen Kaiser des Heiligen Römischen Reichs gekrönt, schon kurz darauf aber wegen seines Versuchs, Sizilien ins Reich einzugliedern, unter Kirchenbann gestellt. 1214 unterlag Otto in der Schlacht bei Bouvines dem französischen König Philipp II. August, was ihn so schwächte, dass er im Thronstreit mit Friedrich II., der 1212 zum Gegenkönig gewählt worden war, keine ernsthaften Chancen mehr hatte. Otto IV. starb 1218 auf der Harzburg, Friedrich II. wurde sein Nachfolger. Über Ottos Nichte Agnes, Tochter Heinrichs des Langen, fiel 1214 auch die Kurpfalz an die Wittelsbacher. Das Herzogtum Braunschweig-Lüneburg entstand aus den Eigengütern der Welfen in Sachsen. Diese hatte Otto das Kind, ein Enkel Heinrichs des Löwen, auf Kaiser Friedrich II. übertragen und erhielt sie am 21. August 1235 auf dem Hoftag zu Mainz als Reichslehen zurück. Namensgebend waren die beiden größten Städte des Territoriums, Braunschweig und Lüneburg. Als Gesamtherrschaft bestand das Herzogtum allerdings nur bis zur ersten Teilung im Jahre 1269. Im südlichen Teil des Herzogtums entstand zunächst das Fürstentum Braunschweig mit Besitzungen rund um Braunschweig, Wolfenbüttel, Einbeck und Göttingen. Im nördlichen Teil des Herzogtums entstand das Fürstentum Lüneburg mit Besitzungen im Raum Lüneburg. Beide Teilfürstentümer bildeten weiterhin das Herzogtum Braunschweig-Lüneburg, welches reichsrechtlich fortbestand. Im Teilungsvertrag war vereinbart worden, dass beide Linien den Titel "Herzog zu Braunschweig und Lüneburg" führen sollten. Außerdem sollten eine Reihe an Besitztümern und Gerechtigkeiten im Besitz des Gesamthauses bleiben – so unter anderem die Rechte an der Burg Braunschweig. Im Verlauf der folgenden Jahrhunderte wurde es noch mehrmals geteilt. Die so immer wieder entstehenden Teilstaaten erhielten ihre Namen in der Regel nach ihrer jeweiligen Residenz, etwa das Fürstentum Göttingen, das Fürstentum Grubenhagen oder das Fürstentum Calenberg. Die verschiedenen Linien konnten sich bei Aussterben einer Linie gegenseitig beerben. So entstanden im Laufe der Jahrhunderte das alte, mittlere und neue Haus Braunschweig, sowie das alte, mittlere und neue Haus Lüneburg. Die Zahl der gleichzeitig regierenden Teildynastien schwankte zwischen zwei und fünf. Die Teilfürstentümer existierten bis zum Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation im Jahre 1806. Nach dem Wiener Kongress entstand das noch bis 1918 bestehende Herzogtum Braunschweig. Es war identisch mit dem Territorium des welfischen Fürstentums Braunschweig-Wolfenbüttel und des Fürstentums Blankenburg, die während der französischen Besatzungszeit von 1807 bis 1813 dem Königreich Westphalen einverleibt worden waren. Es bestand aus mehreren, nicht zusammenhängenden Teilen: das Gebiet zwischen Aller und Harz mit Braunschweig, das Gebiet zwischen Harz und Weser mit Holzminden, Blankenburg am Harz mit seiner Umgebung, das Amt Calvörde (eingeschlossen von der Provinz Sachsen), das Amt Thedinghausen zwischen Bremen und Verden und weiteren Exklaven. Das Neue Haus Braunschweig, das in dem kleinen Herzogtum regierte, war neben der hannoverschen die ältere Linie der Welfen. Sie starb 1884 mit dem erbenlosen Herzog Wilhelm aus. Das Herzogtum Braunschweig wäre 1884 nach dem Tod Wilhelms an den im österreichischen Exil lebenden Kronprinzen von Hannover, Ernst August Herzog von Cumberland (1845–1923), gefallen. Auf Betreiben Bismarcks lehnte der Bundesrat die beanspruchte Regentschaft ab. Von 1884 bis 1913 hatten Prinzen aus Preußen und Mecklenburg die Regentschaft inne. Erst durch die Heirat seines Sohnes Prinz Ernst August (1887-1953) mit Prinzessin Viktoria Louise, der einzigen Tochter des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II., erfolgte die erneute Inbesitznahme des Herzogtums Braunschweig durch die Welfen. Als letzter welfischer Herzog regierte Ernst August aus der hannoverschen Linie das Land Braunschweig von 1913 bis 1918. Nach der Novemberrevolution in Braunschweig von 1918 wandelte es sich in den Freistaat Braunschweig um. Das welfische Teilfürstentum Calenberg-Göttingen wurde von Kaiser Leopold I. 1692 als Dank für die Unterstützung im Pfälzischen Erbfolgekrieg mit der Kurwürde belohnt. Aus dem Fürstentum Calenberg bildete sich mit der Verleihung der Kurwürde das Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg. Hierzu wurde vom Kaiser 1692 die neue (neunte) Kur des Heiligen Römischen Reiches kreiert. Der im Fürstentum Calenberg regierenden Linie der Welfen wurde diese neunte Kurwürde verliehen. Das neue Kurfürstentum lag im Gebiet des heutigen Niedersachsen und Teilen des Landes Sachsen-Anhalt (mit Amt Calvörde und Blankenburg). Es umfasste folgende Territorien des Heiligen Römischen Reiches: Fürstentum Calenberg, Fürstentum Grubenhagen, Grafschaft Hoya, Herzogtum Sachsen-Lauenburg, Fürstentum Lüneburg (ab 1705), das Herzogtum Bremen und das Herzogtum Verden (ab 1715). Calenberg, Grubenhagen und Lüneburg waren nominell Teilfürstentümer des mittelalterlichen Herzogtums Braunschweig und Lüneburg. Ursprünglich war das Kurfürstentum ein reines Binnenland (Raum Hannover). Erst mit dem Erwerb des Herzogtums Bremen konnte sich Kurhannover zur Nordsee ausweiten. Der Großteil des Kurfürstentums befand sich im Niedersächsischen Reichskreis. Die Grafschaft Hoya und das Herzogtum Verden waren Teile des Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreises. Residenzen waren das Leineschloss in Hannover sowie Schloss Herrenhausen und Schloss Celle. Das Königreich Hannover entstand 1814 auf dem Wiener Kongress als Nachfolgestaat des Kurfürstentums Braunschweig-Lüneburg. Zunächst, bis 1837, war der König gleichzeitig der König des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Irland. Im Deutschen Krieg von 1866 verlor das Königreich Hannover an der Seite Österreichs und des Deutschen Bundes den Krieg gegen Preußen, wurde annektiert und war fortan nur noch Provinz im Königreich Preußen. Die Welfen wurden, wie das Haus Hessen-Kassel, von den preußischen Hohenzollern entthront. Das Haus Hannover repräsentiert seit dem Tod des erbenlosen – nicht kinderlosen – Herzogs Wilhelm von Braunschweig das Gesamthaus Braunschweig-Lüneburg. Alle welfischen Familienmitglieder tragen den Namen "Prinz(essin) von Hannover, Herzog(in) zu Braunschweig und Lüneburg". Das kurfürstliche Haus von Hannover regierte Großbritannien und Irland innerhalb von fünf Generationen in Personalunion, die 1837 nach 123 Jahren endete: Georg(e) I. (1714-1727), Georg(e) II. (1727-1760), Georg(e) III. (1760-1820) und Georg(e) IV. (1820-1830). Nachdem Georg(e) IV. 1830 kinderlos starb, wurde sein Bruder Wilhelm IV. König von Großbritannien, Irland und Hannover. Als dieser Wilhelm ebenfalls kinderlos starb, bestieg seine Nichte Victoria als letzte Welfin den britischen Thron. Von Viktorias Gatten, Prinz Albert von Sachsen-Coburg-Gotha, stammte der frühere Name Saxe-Coburg-Gotha des heutigen britischen Königshauses, das 1917 in Haus Windsor umbenannt wurde. Da die unterschiedlichen Erbfolgegesetze in Hannover eine weibliche Thronerbin nur dann zuließen, wenn es keinen männlichen Erben gab, konnte Viktoria nicht Königin von Hannover werden. Somit wurde ihr Onkel, der Herzog von Cumberland, Ernst August I. 1837 erster selbständig regierender König von Hannover (1771-1851). Nach seinem Tod folgte ihm sein Sohn Georg V. als König von Hannover (1819-1878) auf den Thron. Seine Regierungszeit wurde 1866 durch die preußische Annexion beendet, nachdem sich Georg V. im Preußisch-Österreichischen Krieg 1866 auf die (unterlegene) österreichische Seite gestellt hatte. König Georg V. ging gemeinsam mit seiner Frau Königin Marie nach Österreich ins Exil. Er starb 1878 in Paris, wo sich die Welfenlegion gegen Preußen aufgestellt hatte, weswegen Bismarck das deutsche Privatvermögen des Königs in Höhe von 16 Millionen Talern 1868 eingezogen und in den Welfenfonds überführt hatte, dessen Erträge anfangs "zur Bekämpfung welfischer Umtriebe" verwendet wurden. Georg V. wurde in der Königsgruft von Schloss Windsor beigesetzt. Seine Witwe lebte bis zu ihrem Tode in der Königinvilla in Gmunden. Ihr Enkel, Prinz Ernst August (1887-1953), ehelichte 1913 die Prinzessin Viktoria Luise von Preußen, einzige Tochter des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II., und konnte dadurch den vakanten Thron des Herzogtums Braunschweig besteigen. Mit dem Fall der deutschen Monarchien im Jahre 1918 musste auch Herzog Ernst August zu Braunschweig und Lüneburg abdanken und ging mit seiner Familie ins österreichische Exil auf Schloss Cumberland, das bereits sein Vater in Gmunden errichtet hatte. Die Familie kehrte 1925 ins ehemalige Herzogtum Braunschweig zurück. Der Freistaat Braunschweig sprach der ehemals herzoglichen Familie unter anderem Schloss Blankenburg und die Domäne Hessen im heutigen Landkreis Harz zu. Ernst August, der Schwiegersohn des früheren deutschen Kaisers, behauptete sich erfolgreich als freier Unternehmer und änderte 1931 den primären Familiennamen von Braunschweig-Lüneburg wieder in Hannover, wobei der offizielle Familienname (auch im Pass und den Personenstandsurkunden) bis heute lautet: Prinz / Prinzessin von Hannover Herzog / Herzogin zu Braunschweig und Lüneburg Königlicher Prinz / Königliche Prinzessin von Großbritannien und Irland. Die Familienmitglieder verfügen über die deutsche, britische und österreichische Staatsangehörigkeit; der britische Familienname lautet Guelph mit dem Zusatz His / Her Royal Highness. Da jedoch mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 ein Bruch zwischen dem regierenden britischen Königshaus und seiner deutschen Nebenlinie eingetreten war, wurde dem letzten hannoverschen Kronprinzen Ernst August am 13. Mai 1915 von König Georg V. der Hosenbandorden aberkannt und am 28. März 1919 aufgrund des Titles Deprivation Act von 1917, welcher "Feinden des britischen Empire" ihre britische Peerswürde nahm, der britische Titel 3rd Duke of Cumberland and Teviotdale, 3rd Earl of Armagh aberkannt. Die theoretische Anwartschaft der Welfen auf diesen Titel wurde jedoch aufrechterhalten. Im Verlauf des Zweiten Weltkrieges, besonders in den letzten Kriegsmonaten, waren die Welfen über Rüstungsgeschäfte auch mittelbar an der Ausbeutung von Zwangsarbeitern beteiligt. Entsprechend dem Potsdamer Abkommen besetzte im Juli 1945 die Sowjetarmee u. a. Blankenburg und die "Domäne Hessen". Die Familie konnte zuvor mit Hilfe von Lastwagen der britischen Armee einen Teil der Mobilien mit auf die Marienburg nehmen, wohin sie sich zeitweilig zurückzog. Das Schloss ist heute als Familienmuseum der Öffentlichkeit zugänglich. Es wird, gemeinsam mit den Ländereien der Domäne Calenberg, von Prinz Ernst August (* 1983 in Hildesheim) bewirtschaftet, dem auch das Fürstenhaus Herrenhausen gehört. Sein Vater Ernst August lebt auf den österreichischen Besitzungen.

Wappen
Welfen-Stammwappen

Welfen-Stammwappen (Bild: Andreas Praefcke)

Welfen-Stammwappen vom Grab Welfs VI. und Welfs VII. in St. Johannes Baptist im Kloster Steingaden, ursprünglich als blauer Löwe auf goldenem Grund koloriert (um 1200; heute im Bayerischen Nationalmuseum, München)

(Quelle: Seite "Welfen". In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 1. August 2018)