Kilianskirche

Kilianskirche, vom Kiliansplatz aus gesehen

Kilianskirche, vom Kiliansplatz aus gesehen (Bild: K. Jähne)

Die Kirche aus der zweiten Hälfte des 15. Jh. ist nenannt nach dem Schutzpatron der Weingärtner, dem irischen Wanderbischof St. Kilian. Der originelle achteckige Turm der Kirche gilt als der erste Renaissance-Turm nördlich der Alpen. Baumeister Hans Schweiner stellte am Westturm mit karikierenden Figuren die religiösen Missstände seiner Zeit dar, 1529 wurde der Turm mit dem Landsknecht, dem "Männle", gekrönt. Im Inneren der Kirche wurde der Hochaltar von Hans Seyfer, ein Spitzenwerk der spätgotischen Plastik und Altarkunst, wieder aufgestellt. Die Figuren des Altars überstanden die Zerstörung der Stadt 1944 in den Stollen des Salzbergwerks Kochendorf. 1998 wurde der Altar 500 Jahre alt. Der Siebenröhrenbrunnen (1541) am Kiliansplatz wird von einer Quelle gespeist, die wohl "Helibrunna" einst den Namen gab.

Kilianskirche

Die Kilianskirche ist eine gotische Hallenkirche aus Heilbronner Sandstein, deren Ursprung mindestens bis ins 11. Jahrhundert zurückreicht. Ihr Westturm von Hans Schweiner gilt als eines der ersten bedeutenden Renaissancebauwerke nördlich der Alpen. In der Kirche befindet sich der Altar von Hans Seyfer aus dem Jahre 1498, der als Meisterleistung der Schnitzkunst der deutschen Spätgotik gilt. Bei der Gründung des Bistums Würzburg im Jahre 741 erhielt der neue Bischof im ostfränkischen Raum 24 Kirchen mit allen Pfarr-Rechten und Einkünften. Dazu gehörte auch eine "basilica" in "villa Helibrunna". Bei dieser Kirche handelte es sich um eine bis dahin königliche Eigenkirche, die dem damals populären Erzengel Michael geweiht war, der seit dem 5. Jahrhundert insbesondere an Bergheiligtümern verehrt wurde. Dies ist urkundlich durch eine auf 741 datierte Schenkung belegt. Diese Urkunde ist insofern von historischer Bedeutung, weil damit nachgewiesen ist, dass es in Heilbronn im Jahre 741 einen Königshof und eine Kirche gab. Diese Heilbronner Michaelsbasilika war in der Zeit der Franken nahe dem für die Stadt namengebenden Brunnen errichtet worden und wurde 889 nochmals urkundlich erwähnt. Um 1100 befanden sich zwei Kirchen in Heilbronn. Es wird vermutet, dass die Michaelsbasilika von 741 auf dem Gelände der heutigen Kilianskirche stand. Auch wenn einiges dafür spricht, konnte diese Vermutung bis heute nicht bewiesen werden. Dass sich an diesem Ort vor bzw. um 1100 jedoch schon ein sakrales Bauwerk befand, gilt durch Grabungen von 1880 als gesichert. Diese romanische Urkirche war etwa 10 mal 11 m groß und hatte eine Apsis nach Osten. Um 1280 war anstelle der kleinen romanischen Kirche eine wesentlich größere frühgotische Kirche vorhanden, deren genaue Erbauungszeit unbekannt ist. Diese Kirche hatte eine Basilikaform mit niedrigen Seitenschiffen, einem kurzen, einschiffigen Chor und zwei seitlichen Chorflankentürmen. Im 13. Jahrhundert wurde die Kirche auf Veranlassung des Bistums dem Heiligen Kilian geweiht, der in Würzburg gewirkt hatte. Als Kilianskirche wurde das Bauwerk erstmals 1297 in einem Ablassbrief erwähnt. Da an der Westseite der Kirche ein weiteres Turmpaar geplant war, wurde um 1400 eine dreiteilige Westvorhalle angebaut. Diese Vorhalle hatte ein Südportal und ein Nordportal und ist etwa 18 m hoch. Die geplanten Westtürme wurden zu dieser Zeit jedoch nicht gebaut. Hans von Mingolsheim, ein Baumeister, Steinmetz und späterer Ratsherr, nahm in den Jahren 1447 bis 1454 den Bau der Seitenschiffe und nochmals 1458 bis 1460 den Umbau des Langhauses der Basilika zur Hallenkirche vor. Anschließend wurde bis 1487 ein größerer und höherer, nun dreischiffiger Hallenchor als östlicher Abschluss angefügt. Die drei Chorschiffe wurden mit einem Dach gedeckt und hatten Apsiden mit hohen schlanken Fenstern. Der Chor weist eine für damalige Bauten in Südwestdeutschland außergewöhnliche Höhe auf; das Gewölbe wurde von Baumeister Aberlin Jörg ausgeführt. Auf der nördlichen Innenseite des Chores entstanden zwei Kapellen, und an der südlichen Choraußenwand wurden zwei Sakristeien angebaut. Die Chorfenster wurden im Jahr 1487 mit schönen Buntglasscheiben ausgestattet, die wahrscheinlich in einer Werkstatt in Speyer gefertigt wurden. Im Chor befindet sich der zweiflüglige Hauptaltar von Hans Seyfer aus dem Jahr 1498, Prediger zu jenen Zeit war Johann Kröner. Der ursprüngliche Plan zweier Westtürme wurde fallen gelassen, da dies nicht mehr dem Zeitgeist entsprach. Ab 1508 wurde deshalb der charakteristische Westturm von Hans Schweiner aus Weinsberg ausgeführt. Dazu war es zunächst notwendig, die Westvorhalle, die für zwei Türme konzipiert war, entsprechend umzubauen, was von 1508 bis 1513 erfolgte. Die Ausführung des Baus wurde durch die ab 1524 in Heilbronn herrschende Reformation unter Pfarrer Johann Lachmann bestimmt. Der 1529 vollendete, knapp 64 Meter hohe Kiliansturm gilt als "eines der originellsten Werke der Frührenaissance in Deutschland." Seine Spitze ziert ein rein weltliches Symbol: ein Bannerträger der Reichsstadt, der "Steinerne Mann", heute im Volksmund das "Männle" oder auch "Kiliansmännle" genannt. Der größte Teil des sichtbaren Baukörpers wurde aus regionaltypischem Heilbronner Sandstein errichtet. Das Netzgewölbe der Decken entstand als nichttragendes Zierwerk um 1580. In den folgenden drei Jahrhunderten erfolgten nur noch kleinere Ergänzungen. Ab Oktober 1805 diente der Bau kurzfristig als französisches Gefangenenlager für österreichische und russische Soldaten und musste anschließend renoviert werden, da diese einen Teil des Gestühls verheizt hatten. Das Bauwerk wurde bei einer umfassenderen Renovierung in den Jahren 1886 bis 1894 durch den Baumeister des Ulmer Münsters August von Beyer neugotisch umgestaltet. Dabei erhielt der Chor drei einzelne Dächer, die Hallenkirche von 1587 wurde wieder zur Basilika umgebaut, und die Osttürme bekamen spitze Helme. Dieser Umbau bereitete die Übergabe der Bürgerkirche an die Kirchengemeinde Heilbronn vor: Am 14. Juni 1867 entschloß sich die württembergische Regierung, nach anderen Vorgängen, Kirchengemeinden in Württemberg als Körperschaften des öffentlichen Rechts zu errichten und ihnen unter anderem auch die Verwaltung des kirchlichen Vermögens zu übertragen. Bereits kurz nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurden die wertvollen Figuren des Seyfer-Altars in der Friedenskirche untergebracht. Später transportierte man diese auf Initiative des Denkmalpflegers Richard Schmidt zusammen mit einigen Glasfenstern des Chores in das Salzbergwerk Kochendorf. Die anderen Kunstschätze wurden zum Teil – wie zum Beispiel der Schrein des Altars oder das Sakramentshaus – in der Kirche selbst durch Ummauerungen gesichert. Bereits am 10. September 1944 wurden die Dächer des Chores, des nördlichen Seitenschiffs und der Sakristei durch Brandbomben bei einem amerikanischen Fliegerangriff zerstört. Am 12. Oktober 1944 zerstörte eine Luftmine die Fenster, Teile des Maßwerks der Chorfenster, die südliche Wendeltreppe sowie das Gesprenge des Hochaltars. Am 4. Dezember 1944 wurde die Kirche schließlich beim Luftangriff auf Heilbronn fast vollständig zerstört. Im April 1945 richtete starkes Artilleriefeuer der amerikanischen Armee weitere Schäden an. Der Wiederaufbau erfolgte planmäßig in mehreren Bauabschnitten von 1946 bis 1974. Der Gesamtkirchenraum ist durch das in enger Verbindung mit Bürgerschaft, Kirchen und Denkmalpflege geschaffene Fensterwerk von Charles Crodel geprägt, das bildlich mit dem Wasser des "Heilbronn" verbunden ist, der das Taufbecken speist. Der zum Kirchenensemble gehörende Siebenröhrenbrunnen ist im nördlichen Chorfenster dargestellt. Hans Schweiner erhielt 1507 den Auftrag, einen einzelnen Westturm zu errichten. Der ursprüngliche Plan eines Doppelturmes, der ein charakteristisches Merkmal für Bischofskirchen war, wurde fallen gelassen. Obwohl die Kilianskirche zur Zeit Schweiners unter dem Patronat des Bischofs von Würzburg stand, war der Heiligenpfleger für Bau und Unterhalt des Kirchengebäudes zuständig. Dieser wurde seit etwa Mitte des 14. Jahrhunderts vom Rat der Stadt bestellt. Der einzelne Westturm galt somit als wesentliches Symbol weltlicher Macht; die damaligen Reichsstädte versuchten sich mit dem Bau des größten Kirchturmes zu übertrumpfen. Der Rat der Stadt ließ Hans Schweiner weitestgehend freie Hand, seine Vorstellungen vom Turm zu verwirklichen. In den kunsthistorischen Publikationen, die sich mit der Baukunst des 16. Jahrhunderts beschäftigen, wird der Kiliansturm – insbesondere das Turmachteck – neben der Fuggerkapelle bei St. Anna in Augsburg als eines der ersten Renaissancebauwerke in Deutschland bezeichnet. Nach Einschätzung von Kunsthistorikern hat Schweiner mit dem Westturm der Kilianskirche etwas Neuartiges und Beachtenswertes geschaffen. Das kunstgeschichtlich Besondere und die Leistung Schweiners besteht darin, dass er Elemente der Romanik, der Gotik und der italienischen Renaissance miteinander verschmolz und dabei einen eigenen, in sich stimmigen Stil entwickelte, der auch heute noch einen eigenartigen, exotischen Reiz ausübt. Formenelemente der Romanik galten damals als Zeugen des antiken Baustils. Das Turmerdgeschoss besteht aus drei kreuzgewölbten Räumen, die in den Achsen der Kirchenschiffe liegen. Diese im 14. Jahrhundert errichtete Turmhalle mit nördlich und südlich gelegenen Portalen zur Kaiserstraße und zur Kirchbrunnenstraße dient als Eingangshalle der Kirche. Heute sind dort historische Grabplatten und Originalskulpturen vom charakteristischen Westturm, darunter der reformatorisch signifikante Mönchskopf mit Doppelzunge, aufgestellt. Das südliche Turmportal zeigt einen Lebensbaum, der aus dem Leib des Gekreuzigten erwächst, das nördliche Turmportal zeigt die Vertreibung Adams und Evas aus dem Paradies. Die Portale wurden von Franz Gutmann gestaltet. Das ehemalige Westportal ist heute mit einer festen Verglasung verschlossen. Dieses Kunstglasfenster im Torbogen wurde von Raphael Seitz geschaffen. Auf der Treppe des südlichen Hauptportals befindet sich eine Skulptur aus Metall und Marmor von Jürgen Goertz von 1988, die Christophorus zeigt. Der Zugang zu den oberen Geschossen erfolgt über Treppentürme, die in den Winkeln der Weststrebpfeiler liegen. Der südliche Treppenturm ist dabei von unten begehbar, der nördliche erst ab dem zweiten Geschoss. Am nordwestlichen Eckstrebpfeiler befindet sich in etwa 9 m Höhe die kleine Gründungsinschrift. Für das zweite Geschoss sind die hohen, vierbahnigen Fenster an der Nord- und Südfront charakteristisch sowie die Rosette an der Westseite. Zum Mittelschiff hin fällt das Licht dieses Rundfensters durch den hohen, schlanken Spitzbogen auf die neu errichtete Orgelempore. An der Westseite des Unterbaues ist in etwa 6 m Höhe direkt unter dem Gurtgesims die große Gründungsinschrift zu sehen. In dieser wird das Jahr der Fertigstellung des Turmfundamentes „funffzehundort und drewzehen“ (=1513) und „des maysters namen“, nämlich „hans schweyner“, erwähnt. Das zweite Geschoss wird in 18 Metern Höhe durch eine südliche und nördliche Plattform – eine Altane – abgeschlossen, die durch eine Baluster-Brüstung umgrenzt wird. Zwischen der Weiterführung der beiden Treppentürme befindet sich das zweigeschossige Turmviereck, das seinen Abschluss in 35,5 m Höhe mit der Viereckplattform findet. Dessen oberes Geschoss – das insgesamt vierte – bildet die große Glockenstube. Das Turmviereck ist künstlerisch eigenwillig mit romanischen und gotischen Elementen ausgestaltet. Über der Viereckplattform erheben sich die drei Geschosse des Turm-Oktogons: die Türmerwohnung, die kleine Glockenstube und der "Tanzboden". Die Säulen und Bögen der heute nicht mehr genutzten kleinen Glockenstube sind mit reichem ornamentalem Schmuck verziert. Darunter sind Fabelwesen, die zum Teil paarweise angeordnet sind, so zum Beispiel die nackte Frau mit Halskette und der Kleriker mit Stola, Manipel, Birett und Brille. Beide Figuren haben raubtierartige Vorderbeine, Flügel und skorpionartige Hinterteile. Weiter genannt seien auch die sonst ähnlich gestalteten sphinxartigen Mischwesen mit kronenartiger Kopfbedeckung oder der vogelköpfige Bischof. Diese Darstellungen – sogenannte Drolerien – nehmen den Hauptteil des Figurenschmucks ein und sind sicher als Kritik an den damaligen Zuständen zu verstehen: so zum Beispiel der vogelköpfige Mönch mit gespaltener Zunge, der sinnbildlich mit doppelter Zunge spricht. Schweiner kritisiert damit unter anderem den ausschweifenden und anstößigen Lebenswandel der Mönche und Nonnen. Die Darstellung von Fratzen und Dämonen geht auf die mittelalterliche Vorstellung zurück, dass Gleiches mit Gleichem vertrieben werden könne, d. h., dass am Turm angebrachte Dämonen ebensolche aus der Kirche fernhalten würden. Die häufig dargestellten Musikinstrumente und Notenbänder können einerseits reformatorisch gedeutet werden, andererseits ist auch eine apotropäische Deutung möglich. Von der Türmerwohnung führt an der nordwestlichen Seite des Oktogons eine etwa 10 m hohe, fragil wirkende steinerne Wendeltreppe zum "Tanzboden" hinauf. Die Stufen und das Geländer der außen an den Turm angefügten Treppe werden von drei schlanken Säulen getragen. Am Fuße der Wendeltreppe befindet sich das Porträt eines Werkmeisters, bei dem es sich möglicherweise um ein Selbstbildnis Hans Schweiners handelt. Am oberen Ende der Treppe in etwa 45 m Höhe kniet die überlebensgroße Skulptur eines Turmwächters in Landsknechtuniform mit Schwert, Hellebarde und Signalhorn. Dieser Turmwächter stellt den spielerischen Abschluss der Treppe dar, die unvermittelt und ohne weiteres Geländer dort endet, und weist in das siebente Geschoss, den so genannten "Tanzboden". Dieser hat einen Umgang mit Balusterbrüstung und ist ebenso wie die Glockenstube darunter mit Fabelwesen und Wasserspeiern an den Turmecken geschmückt. Der seit dem 19. Jahrhundert gebräuchliche Name geht auf die Vorstellung zurück, dass sich hier die Patrizier der Stadt zum Tanz über den Dächern getroffen hätten, was jedoch nicht historisch belegt ist. Über dem "Tanzboden" – in einer Höhe von 50 m – schließt sich der zweigeschossige, stark gegliederte Turmaufsatz an. In seinem Kern befindet sich eine eiserne, offene Wendeltreppe, die zum obersten Geschoss führt. Vor der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg war auch diese Treppe aus Stein. Auf dem oberen Geschoss des Turmhelms ist in 58 Metern Höhe eine kleine Plattform mit schmiedeeisernem Geländer, die den höchsten Aussichtspunkt des Turmes darstellt. Auf dieser Höhe wurden am Mittelpfeiler die kleine und die große Vollendungsinschrift eingemeißelt. Die kleine Vollendungsinschrift besagt: „Im Jahr 1513 unter Kaiser Maximilian zu bauen angefangen. Im Jahr 1529 unter Kaiser Karl V. vollendet.“ Der Rundpfeiler weitet sich zu einem kapitellartigen Sockel, auf dem der 2,35 Meter hohe Steinerne Mann steht; ein Stadtsoldat in Landsknechtuniform mit Federbarett und Schwert. Er trägt in der rechten Hand die Lanze mit Reichsbanner, dessen Spitze sich in 63,7 Meter Höhe befindet. Der zweiflüglige Hauptaltar von Hans Seyfer aus dem Jahr 1498 im außergewöhnlich hohen Chor der Kirche gilt als schnitzerische Meisterleistung. Er enthält zahlreiche Figuren, Reliefszenen und schmückendes Beiwerk. Der Altar ist 11,64 m hoch, 7,86 m breit und dreiteilig (Predella, Schrein mit Flügeln, Gesprenge) aufgebaut. Der Altar war während des Zweiten Weltkriegs abgebaut und eingelagert. Die Figuren und Relieftafeln der Flügel überstanden den Krieg im Salzbergwerk in Kochendorf bombensicher in 200 m Tiefe, wohingegen Gesprenge und Schrein eingemauert im Westturm der Kilianskirche verglühten. Die Entscheidung für einen rekonstruierenden Wiederaufbau fiel nach langen Abwägungen mit der Zustimmung des zuständigen Denkmalpflegers Graf Adelmann; in siebenjähriger Arbeit wurden die zerstörten Teile von Restaurator Walter Hammer und Bildhauer Josef Wolfsteiner rekonstruiert. Bald nach seinem Tod geriet der Künstler des Altars in Vergessenheit, so dass der Altar noch Ende des 19. Jahrhunderts dem Würzburger Bildhauer Tilman Riemenschneider zugeschrieben wurde. Durch Forschungen und stilistische Vergleiche setzte sich die Meinung durch, dass ein Hans von Heilbronn den Altar geschaffen haben musste. 1909 fand Moriz von Rauch den vollständigen Namen des Bildhauers: Meister Hans Seyfer, Bürger zu Heilbronn in den Schriftstücken des Heilbronner Archivs. Die letzte Unsicherheit wurde ausgeräumt, als der Restaurator Walter Hammer 1963 bei der Restaurierung den Namenszug "Hans Syfer" freilegte. Im rechten oberen Flügel (Auferstehung) ist rechts oben – vom Betrachter aus gesehen auf dem Kopf stehend – auf der Grabplatte die Jahreszahl 1498 eingeschnitzt. Diese Jahreszahl wird mit Sicherheit auf das Jahr der Vollendung des Altars verweisen. Das historische Netzgewölbe von Aberlin Jörg wurde nach der Zerstörung von 1944 in langjähriger Arbeit gemäß historischen Vorlagen rekonstruiert und mit modernen Schlusssteinen versehen. Die Chorfenster sind eigenhändig ausgeführte und signierte Werke von Charles Crodel. Der Gestalter der Seitenportale war Ulrich Henn (siehe Weitere Kunstwerke). Das Mittelschiff der Kilianskirche ist geprägt von den mächtigen, den Raum dreiteilenden Säulen, die den Dachaufbau tragen. Das Langhaus, das Ende des 19. Jahrhunderts ein neogotisches Gipsgewölbe erhielt, wurde nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges mit einer hölzernen Kassettendecke restauriert, wie sie sich dort vermutlich auch schon im 13. Jahrhundert befand. Neben dem Seyfer-Altar gibt es eine weitere Kostbarkeit in der Kilianskirche. Es sind dies 19 spätgotische Fenstertafeln, die aus der ehemaligen mittelalterlichen Verglasung erhalten geblieben sind. Sie befinden sich seit dem Ende des Wiederaufbaus der Kirche 1965 in den Fenstern zweier Kapellennischen in der nördlichen Chorwand. Es könnte sich bei diesen Farbtafeln um Reste einer wesentlich größeren Anzahl an Glasfenstern des 1487 fertiggestellten Hallenchores handeln. Verblieben sind zehn figürliche Darstellungen, sechs Baldachinbilder und drei Wappen, die möglicherweise von einem Meister aus Speyer gefertigt wurden. Das Sakramentshaus im Hauptchor befindet sich an dessen Nordwand und ist mit dem Sakramenthaus im Nordchor über einen Mauerdurchbruch verbunden, der den Sakramentsschrein bildet. Als Schöpfer des Sakramentshauses im Hauptchor wird der Baumeister des Stephansdoms in Wien Anton Pilgram vermutet, was jedoch durch neueste Forschungen nicht gestützt wird. Das Sakramenthaus im Nordchor könnte von dessen Schüler Bernhard Sporer stammen, was ebenso wenig bewiesen ist. Im Nordchor befindet sich ein Ölbergrelief, auf dem der betende Christus im Garten Gethsemane mit drei Jüngern dargestellt ist. Es wird vermutet, dass dieses Relief auf Grund von Ähnlichkeiten zur Auferstehung im Flügel des Seyfer-Altars von Hans Seyfer selbst oder von einem seiner Schüler geschaffen wurde. Diese Ähnlichkeiten bestehen zum Beispiel in der Darstellung des Flechtzaunes bzw. der Stadt im Hintergrund der beiden genannten Werke. Interessant ist auch die Darstellung der Tiere, zum Beispiel der Frösche unten und links, was ebenfalls auf Seyfer hindeuten könnte. Rechts über der Kanzel befindet sich am Chorbogen ein reichsstädtisches Wappen, welches von zwei Engeln getragen wird. Dieses ist wahrscheinlich um 1485 entstanden und wird Anton Pilgram zugeschrieben. In der Kilianskirche sind noch verschiedene Epitaphe zu finden, die die Vermutung nahelegen, dass hier Innenbestattungen stattfanden. Ursprünglich wurden Steinplatten als liegende Grabplatten mit Inschriften und Reliefdarstellungen verwendet. Später waren Bronze- oder auch Holzplatten gebräuchlich, die an den Wänden aufgehängt wurden. Im nördlichen und südlichen Chor sind noch einige Bronze-Epitaphe, in der Turmhalle des Westturmes Stein-Epitaphe erhalten geblieben. Eines der Epitaphe ist das des Johann Kröner, der von 1493 bis zu seinem Tod 1520 Prediger an der Kilianskirche war. Das nördliche Mittelportal zur Kaiserstraße hin wurde 1963 von den beiden Bildhauern Ludwig Herold aus Gundelsheim und Heinz Mann aus Ilsfeld wiederhergestellt. Dabei schufen sie nach den Originalen den Spitzbogen, die beiden Baldachine, die Kreuzblume, die Fialen und die beiden Wasserspeier Lamm und Ziegenbock neu. Im Tympanon ist Maria mit dem Christuskind im Arm dargestellt. Weiterhin sind zum Teil noch Reste verschiedener älterer Kunstwerke vorhanden wie in einer der nördlichen Chornischen die Anbetenden Engel oder unterhalb des Südturmes die Heiligen drei Könige, die wohl ursprünglich Teil einer Weihnachtgruppe rechts neben dem Hochaltar in der Sediliennische waren. Die Sediliennische wurde nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg nicht wiederhergestellt. Das alte Geläut, das noch aus dem Mittelalter stammte, hatte über Jahrhunderte hinweg alle Kriege und Zerstörungen bis zum 4. Dezember 1944 überstanden. Die Glocken mussten auch nicht, wie das anderenorts üblich war, in den Jahren 1917 bzw. 1942 für Kriegszwecke abgegeben werden. Diese historisch wertvollen Glocken waren zum Teil vom Heilbronner Gießer Daniel Eger und seinem Nachfolger Bernhart Lachaman d. Ä. gegossen worden. Beim Luftangriff auf Heilbronn am 4. Dezember 1944 brannten der West- und Nordturm aus, die Glocken stürzten herab und wurden fast alle zerstört. Nur zwei dieser Glocken – die Stundenschlag- und Landfeuerglocke sowie die Sturm- und Feuerglocke – sind heute noch erhalten. Erstere wird nur am 4. Dezember zum Gedenken an die Zerstörung der Stadt Heilbronn geläutet. Da die Reichsstadt Heilbronn ihre eigenen Längenmaße hatte, befindet sich am nördlichen Hauptportal direkt gegenüber dem Marktplatz das Heilbronner Kontrollmaß. Außen an der Kirche links vom Hauptportal waren diese Maße als Kontrolle für einheimische und auswärtige Händler gedacht. Sie befinden sich wahrscheinlich seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts dort und wurden 1969 erneuert. Vom Kiliansplatz um die Kirche herum befand sich einst der Pfarrkirchhof, das heißt der zur Kirche gehörige Friedhof. Der Hauptteil des Friedhofs lag auf der Süd- und Ostseite der Kirche, er zog sich aber auch an deren Nordseite entlang. Geistliche und höhergestellte Personen wurden in der Kirche selbst bestattet, auf dem Kirchhof wurde das einfache Kirchenvolk begraben. Der Friedhof bestand vermutlich seit Bestehen der Kirche und wurde 1290 anlässlich der Schenkung eines Volmar Lemlin an das Kloster Maulbronn zum Unterhalt eines ewigen Lichts auf jenem Friedhof erstmals erwähnt. Auf dem Friedhof standen einst ein Beinhaus sowie zwei kleinere Kapellen. Da der Platz in der mittelalterlichen Stadt beengt war, diente der Kirchhof außer als Begräbnisstätte auch als Versammlungsort, wo unter anderem die Ergebnisse von Weinberg- und Feldbeschau verkündet oder das Almosen verteilt wurde. In der Nähe des nördlichen Mittelportals befindet sich eine Steintafel, die auf das Almosen verweist, welches früher an 13 hilfsbedürftige Menschen ausgegeben wurde. Dieses "Almosen für die hausarmen Leute" wurde 1449 vom Rat der Stadt gestiftet und dann an jedem Sonn- und Aposteltag ausgegeben. An der Stelle der Steintafel war früher das Almosenhäuschen, wo das Almosen bis 1830 verteilt wurde. Die Inschrift auf der Tafel besagt: "Anno Domini 1449 da wart erhebt diß ewig Alimußen uf 13 armer Menschen". Dass der Kirchhof auch Versammlungsort war, barg mancherlei Konfliktpotential. Um 1500 verbot der Rat der Stadt das Herumstehen und Schwätzen auf dem Kirchhof an Sonn- und Feiertagen. 1507 wurde der sich auf dem Friedhof zwischen Arbeitssuchenden und Arbeitbietenden entwickelnde rege Stellenmarkt auf den benachbarten Marktplatz verwiesen. Der Platz auf dem Kilianskirchhof war seit jeher beengt, so dass man mit Begräbnissen häufig auf die beiden anderen Kirchhöfe der Stadt ausweichen musste, auch wenn die Gräber auf dem Kirchhof nicht befestigt und bereits binnen weniger Jahre wieder neu belegt wurden. In Seuchenzeiten reichten alle drei Kirchhöfe der Stadt nicht aus, so dass Seuchenopfer oft außerhalb der Stadtmauern beerdigt wurden. Allmählich sah man in dem innerstädtischen Friedhof, zudem nahe am wichtigen Kirchbrunnen, eine Gesundheitsgefahr. Bereits 1441 versuchte der Rat der Stadt durch eine drastische Erhöhung der Begräbnisgebühren bei St. Kilian, die Nutzung des Friedhofs einzuschränken und auf die anderen Kirchhöfe umzuleiten, scheiterte aber zunächst noch am Widerstand des Kirchenherrn von St. Kilian, der ja auch von den vielen Begräbnissen profitierte. 1495 versuchte der Rat, die Begräbnisse bei St. Kilian auf honorige Persönlichkeiten zu beschränken, doch wegen der damals herrschenden Pest und des weiteren Widerstands des Kirchenherrn kam es weiterhin zu einer großen Zahl von Bestattungen um die Kirche. Erst 1530 konnte sich der Rat mit einem Verbot von Beerdigungen um die Kirche durchsetzen. Die Toten wurden künftig auf einem außerhalb der Stadtmauern gelegenen neuen Friedhof (heute: Alter Friedhof) bestattet. An den Kilianskirchhof erinnerte bis 1834 noch ein Garten an der Ostseite der Kilianskirche. Innenbestattungen in der Kilianskirche fanden noch regelmäßig bis ins frühe 18. Jahrhundert statt. Die letzte Innenbestattung war nach einer Pause von mehreren Jahrzehnten am 31. Dezember 1781. Die Beigesetzte war Benedicta Charlotte von Schlotheim (1699-1781), die das Anrecht auf diese Bestattung vom Rat der Stadt als Ausgleich dafür erhalten hatte, dass man ihr um 1760 eine Wohnung im beim Rathaus befindlichen Syndikatsgebäude verwehrt hatte.

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(Quelle: Seite "Kilianskirche (Heilbronn)". In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 3. Juli 2022)