Johannes Brenz

Daten und Fakten 
Geboren24.06.1499 in Weil der Stadt
Gestorben11.09.1570 in Stuttgart
WirkungsstätteSchwäbisch Hall
TätigkeitsfeldTheologie
LeistungReformator
Postumes Porträt des Johannes Brenz, Epitaph in der Stiftskirche Stuttgart (Jonathan Sauter 1584)

Postumes Porträt des Johannes Brenz, Epitaph in der Stiftskirche Stuttgart (Jonathan Sauter 1584)

Johannes Brenz (latinisiert Brentius) war Reformator der Reichsstadt Schwäbisch Hall und des Herzogtums Württemberg. Er vertrat Martin Luthers Theologie im Südwesten des Reichs. Brenz erlebte die Reformationszeit von den Anfängen bis zur Konsolidierung nach dem Augsburger Religionsfrieden 1555 mit und war an den wichtigen Stationen oft persönlich beteiligt: So lernte er auf der Heidelberger Disputation (1518) Luther kennen und wurde sein Anhänger, 1529 besuchte er das Marburger Religionsgespräch und war auf dem Reichstag zu Augsburg (1530) Philipp Melanchthons engster Mitarbeiter bei der Abfassung der Confessio Augustana. Indem Brenz an mehreren Kirchenordnungen wesentlich beteiligt war, übte er einen prägenden Einfluss aus, umso mehr, als er einen weitverbreiteten und in revidierter Form bis heute verwendeten Katechismus verfasste. Brenz benutzte zeitweise auch die Pseudonyme Huldreich Engster, Ulricus Enc(h)aust(i)us und – nach seinem Versteck auf der Burg Hohenwittlingen – Johannes Wit(t)ling(ius).

Johannes Brenz

Johannes Brenz wurde am 24. Juni 1499 (Johannistag) in der Reichsstadt Weil der Stadt geboren. Er war ein Sohn des Richters und Schultheißen Martin Hess, genannt Prentz (1475-1535), und der vermutlich aus Enzweihingen stammenden Catharina Hennig. Über seine Kindheit und Jugend ist wenig bekannt, städtische Oberschichtverhältnisse sind aber anzunehmen (Schultheiß war ein Ehrenamt, Wohlstand daher Voraussetzung). Am 13. Oktober 1514, im Alter von 15 Jahren, immatrikulierte sich Brenz an der Universität Heidelberg. Er studierte zügig; bereits am 20. Mai 1616 legte er die Bakkalaureatsprüfung ab. An der Artistenfakultät lernte er unter anderem bei Theobald Billicanus. Erhard Schnepf unterrichtete ihn in Rhetorik und Philosophie. Johannes Oekolampad war sein Mentor im Griechischen, und gemeinsam mit ihm nahm er hebräischen Privatunterricht bei Matthäus Adriani. Brenz lernte in seiner Studienzeit eine Reihe von späteren Reformatoren kennen, allerdings nicht Philipp Melanchthon, mit dem er erst beim Marburger Religionsgespräch in näheren Kontakt kam. Im Frühjahr 1518 befasste sich Brenz mit der Vorbereitung seiner Magisterprüfung. Beim Auftritt Martin Luthers im Rahmen der Heidelberger Disputation am 26. April 1518 saß er im Publikum. Ebenso wie die Mitstudenten Martin Bucer und Martin Frecht machte er sich Notizen zum Gesprächsverlauf. Die einzige Quelle zur Heidelberger Disputation ist ein Brief Bucers an Beatus Rhenanus; ob darin die Notizen aller drei Studenten verarbeitet sind oder nur Bucers eigene Mitschrift, ist in der Forschung umstritten. Gemeinsam mit Bucer besuchte Brenz Luther anschließend in dessen Heidelberger Herberge. Später machte er sich durch das Studium von Luthers Schriften mit seiner Theologie vertraut. Am 18. Oktober 1518 erwarb Brenz den Magistergrad und begann ein Theologiestudium, das er aber nicht zielgerichtet betrieb. Am 20. Juli 1519 wurde er Rektor der sogenannten Schwaben- oder Realistenburse, einem Wohnheim, in dem er wahrscheinlich selbst seit Studienbeginn lebte. Er unterrichtete dort Philosophie und Sprachen. Insbesondere mit seiner Auslegung des Matthäusevangeliums in der Burse machte er auf sich aufmerksam. 1520 wurde er Kanoniker an der Heidelberger Heiliggeistkirche, als Angestellter der Universität bot ihm diese Vikarie eine finanzielle Absicherung. Wohl in Umsetzung des Wormser Edikts erließ Kurfürst Ludwig V. von der Pfalz am 20. August 1522 ein Verbot von irregulären Predigten und Vorlesungen. Die Universität teilte dies den Magistern Billicanus und Brenz mit, die aber erklärten, dass ihre Veranstaltungen öffentlich und somit regulär seien. Weitere Konsequenzen gab es für beide nicht. Kurz darauf lud der Rat der Reichsstadt Schwäbisch Hall Brenz zu einer Probepredigt (8. September 1522) ein und berief ihn anschließend als Prediger auf die vakante Prädikatur an St. Michael. Die Predigerstelle (Prädikatur) an St. Michael war 1502 vom Stadtrat im Zuge des Konfliktes mit dem Haller Minoritenkloster von St. Jakob neu geschaffen worden und sollte deutlich machen, dass die Bürgerschaft von den Minoriten mehr Qualität erwartete – bereits seit 1483 drängte der Stadtrat das Kloster zur Annahme der strengeren Observantenregel, hatte damit aber keinen Erfolg. Darüber hinaus hatte der Stadtrat seit 1508 das Stellenbesetzungsrecht der Pfarrstelle an St. Michael. Als der Haller Rat Brenz die Prädikatur gab, war ihm wahrscheinlich bekannt, dass dieser ein Parteigänger Luthers war. Im Rat gab es sowohl Sympathisanten als auch Gegner der Reformation; dass der Rat mit der Berufung von Brenz die Stadt der Reformation zuführen wollte, ist daher unwahrscheinlich. Mit Predigten, die teilweise auch als Flugblätter gedruckt wurden, bereitete Brenz aber den Boden für Veränderungen. So predigte er am Jakobitag 1523, einem traditionellen Haller Jahrmarkttermin, gegen die Heiligenverehrung. Das Jahr 1524 brachte Neuerungen im städtischen Leben, ohne dass dies schon die Wende zugunsten der Reformation bedeutet hätte: Die Minoriten übergaben, wie der Haller Chronist Johann Herolt schrieb, ihr Kloster freiwillig (libere) dem Stadtrat. Einige Ordensleute heirateten, andere erhielten eine lebenslange Pfründe im Spital. Der Stadtrat untersagte außerdem den städtischen Klerikern den Konkubinat und forderte sie zur Eheschließung auf. Brenz arbeitete in Hall eng mit zwei Heidelberger Studienfreunden zusammen: Johann Isenmann, seit 1523 Pfarrer an St. Michael, und Michael Gräter, seit 1521 Pfarrer an St. Katharina jenseits des Kocher, einer Kirche, deren Patronat der Abt des Klosters Murrhardt innehatte. Nachdem er das kanonische Alter erreicht hatte, empfing Johannes Brenz 1523 oder 1524 die Priesterweihe und feierte seine Primiz daraufhin wahrscheinlich in Weil der Stadt. Der Bauernkrieg Bauernkrieg deutete sich im Winter 1524/25 mit ersten Unruhen im Raum Schwäbisch Hall an. Im April 1525 bildete sich ein bewaffneter Haufen, der mehrere Dörfer einnahm und sich auf der Weckrieder Heide versammelte, um die Stadt Hall zur Annahme der Zwölf Artikel zu drängen. Der Stadtrat hielt die Bauern hin. Mit einigen ungezielten Kanonenschüssen löste das Aufgebot der Bürgerschaft am 4. April 1525 an der Gottwollshäuser Stiege den Bauernhaufen auf. Brenz fand im Bauernkrieg Bauernkrieg zu der politischen Haltung, die er auch in den späteren Religionskonflikten vertrat: Unrecht rechtfertige keinen Aufstand; es könne für Christen geboten sein, den Gehorsam zu verweigern, dann müssten sie aber bereit sein, die Folgen zu erleiden. Auf die Politik des Stadtrats hatte Brenz im Bauernkrieg kaum Einfluss, insbesondere blieben seine Appelle zur Milde gegenüber den besiegten Bauern wirkungslos. Der Speyerer Reichstagsabschied von 1526 enthielt eine Klausel, die es jedem Stand erlaubte, das Wormser Edikt so zu handhaben, "wie ein jeder solches gegen Gott, und kayserl. Majestat hoffet und vertraut zu verantworten." Das war für mehrere Reichsstände, die der Reformation zuneigten, wie ein Startsignal, die kirchlichen Verhältnisse umzugestalten, und so auch in der Reichsstadt Schwäbisch Hall. Brenz verfasste 1526/27 unter dem Titel Reformation der kirchen in dem hellischen Land ein Gutachten. Darin stellte er den Grundsatz auf, eine christliche Obrigkeit sei dafür verantwortlich, geeignete Rahmenbedingungen für die Seelseligkeit ihrer Untertanen zu schaffen. Wie weit das Reformprogramm umgesetzt wurde, ist unklar. Der Rat blieb vorsichtig und informierte sich in Nürnberg über dortige Erfahrungen mit Reformmaßnahmen. Im aufgehobenen Franziskanerkloster wurde eine Lateinschule eingerichtet. Aus dem Klostergut wurden die Lehrer besoldet, so dass das Schulgeld für Jungen und Mädchen entfiel. An Weihnachten 1526 feierte Brenz erstmals das Abendmahl unter beiderlei Gestalt. Die Messe wurde in den Haller Kirchen St. Michael und St. Katharina 1527 abgeschafft, in anderen Kirchen der Stadt (Schuppach- und Johanniterkirche) wurde sie bis 1534 in traditioneller Weise gefeiert. Brenz setzte sich dafür ein, dass in Schwäbisch Hall kein Bildersturm stattfand, so dass beispielsweise in St. Michael viele spätmittelalterliche Kunstwerke erhalten blieben. Als Priester war Brenz zur Ehelosigkeit verpflichtet. Daran hielt er sich auch noch, als andere Kleriker Ende der 1520er Jahre heirateten und dadurch persönlich den Bruch mit der römisch-katholischen Kirche vollzogen. Während des Augsburger Reichstags 1530 war Brenz als zölibatärer Priester ebenso wie der Laie Philipp Melanchthon für katholische Gesprächspartner eher akzeptabel, was für die Diplomatie genutzt wurde. Nach Ende des Reichstags, im Dezember 1530, heiratete Johannes Brenz die Witwe Margarethe Gräter (1501-1548). Sie war eine Tochter des Haller Ratsherrn Caspar Gräter (1474-1552), Witwe des Haller Ratsherrn Hans Wetzel und Schwester des Pfarrers Michael Gräter von St. Katharina (* um 1495, † 1562). Durch seine Einheirat in die Familie Gräter wurde Brenz Bürger von Hall und Mitglied der Haller Oberschicht. Die Pfarreien des Haller Landgebiets wurden größtenteils erst ab 1535 von reformatorischen Veränderungen erreicht. 1542 richtete der Stadtrat das Landkapitel neu ein, mit Johann Isermann als erstem Superintendenten. Im folgenden Jahr erschien eine von Brenz verfasste Kirchenordnung, die auf Grundlage der Confessio Augustana das kirchliche Leben für Stadt und Land gleichermaßen regelte. Sie enthält Gottesdienstordnungen und liturgische Formulare, unter anderem eine Litanei für den Türkenkrieg. Bisherige Reformprogramme Brenz’ für die Stadt Hall waren Manuskript geblieben; diese Ordnung wurde gedruckt. Das zeigt ihren offiziellen Charakter. Die Reformation in Schwäbisch Hall war nun zum Abschluss gelangt; der Stadtrat ernannte Brenz zum Prädikanten auf Lebenszeit mit einer Besoldung von 200 Gulden, teilweiser Steuerbefreiung und Wohnrecht in der neu erbauten Prädikatur. Im Südwesten des Reichs stießen die Einflussgebiete der Wittenberger und der Zürcher Theologie aneinander. Für Luther traf es sich günstig, dass hier mit Brenz ein Gleichgesinnter tätig war. Als "Luthers Mann in Süddeutschland" (Martin Brecht) fiel Johannes Brenz bei den Diskussionen zwischen Anhängern Luthers und oberdeutsch-reformierten Theologen sowie bei der Vertretung des Protestantismus nach außen eine wichtige Rolle zu. Im Kraichgau gab es unter den Reichsrittern frühzeitig Sympathien für die Reformation; insbesondere Dietrich von Gemmingen nahm auf seiner Burg Guttenberg Theologen auf, die wie Erhard Schnepf aus Heilbronn infolge des Wormser Edikts ihre Stelle verloren hatten. Von ihm und anderen Angehörigen des Kraichgauer Niederadels wurde Brenz als Berater und Seelsorger angefragt. Das ergab sich durch Kontakte aus Heidelberger Studienzeiten. Das am 21. Oktober 1525 an Johannes Oekolampad übersandte Syngramma Suevicum ist eine Stellungnahme zum Abendmahlsstreit zwischen Martin Luther und Huldrych Zwingli. Hauptverfasser war Johannes Brenz; dreizehn weitere Theologen schlossen sich durch ihre Unterschrift an, darunter Johann Lachmann, Erhard Schnepf, Johann Geyling und Johann Isenmann. Oekolampad und Brenz waren in Heidelberg befreundet gewesen; dieser Kontakt endete nun, ohne dass persönliche Konflikte zwischen beiden dokumentiert wären. Im polemisch geführten literarischen Streit zwischen Wittenberg und Zürich stellte sich Brenz also an die Seite Luthers. Von Straßburg aus wurde aber weiterhin für das symbolische Abendmahlsverständnis Zwinglis geworben. Eine Beilegung des Konflikts schien noch möglich; Brenz traf sich zu diesem Zweck nach Weihnachten 1525 auf Burg Guttenberg mit Simon Grynaeus, den die Straßburger entsandt hatten. Das Gespräch blieb ergebnislos. Brenz’ Haltung in der Abendmahlsfrage war in den 1520er Jahren näher bei Oekolampad und den Straßburgern, als das Syngramma Suevicum vermuten lässt. Als Markgraf Georg von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach in seinen Territorien nach 1527 die Reformation einführte, lag es nahe, dies in Abstimmung mit der benachbarten Reichsstadt Nürnberg zu tun. Die Kirchenreform brachte zwei Reichsstände zur Kooperation, die eine konfliktreiche Geschichte miteinander hatten. Brenz beriet den Markgrafen bei der Umwandlung der aufgelösten Klöster in Schulen und den Nürnberger Rat in der Frage, wie mit den Täufern umzugehen sei. Dass Brenz seit Ende der 1520er Jahre verstärkt in der Kirchenpolitik auf Reichsebene tätig war, verdankte er der guten Beziehung zum Markgrafen. Dieser sorgte 1529 dafür, dass Brenz eine Einladung zum Marburger Religionsgespräch erhielt, bei dem vergeblich eine Einigung im Abendmahlsstreit zwischen Wittenberg und Zürich gesucht wurde. Brenz hatte in Marburg weitgehend eine Beobachterrolle; seine Berichte sind eine wichtige Quelle für dieses Ereignis. Als Mitglied der Delegation aus Brandenburg-Ansbach-Kulmbach reiste Brenz 1530 zum Augsburger Reichstag. Markgraf Georg lud ihn mit einem Schreiben vom 16. Mai 1530 dazu ein und erwirkte auch, dass der Stadtrat von Hall ihn für die Reise freistellte. Brenz traf wegen einer Erkrankung etwas später in der Reichstagsstadt ein. Dort wurde er zum engsten Mitarbeiter Philipp Melanchthons. Auch für den Augsburger Reichstag ist Brenz’ Korrespondenz eine wichtige Quelle. Für Brenz war es enttäuschend, dass sich Schwäbisch Hall den evangelischen Reichsständen 1530 in Augsburg nicht anschloss. Als es dann um die Ausarbeitung einer gemeinsamen Kirchenordnung von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach und Nürnberg ging, wurde Brenz nach 1531 auf Wunsch des Markgrafen laufend hinzugezogen, da die Kooperation mit den betont kaiserfreundlichen Nürnbergern aus markgräflicher Sicht kompliziert war. Brenz hatte maßgeblichen Anteil an der Kirchenordnung, die 1533 gedruckt und in der Markgrafschaft und der Reichsstadt Nürnberg gleichzeitig eingeführt wurde. Nach dem erfolgreichen Württembergzug Philipps von Hessen und Ulrichs von Württemberg 1534 kehrte letzterer als Herzog nach Stuttgart zurück und führte in seinem Territorium die Reformation ein. Damit beauftragte er den Lutheraner Erhard Schnepf und den Reformierten Ambrosius Blarer. Für die Erarbeitung einer Württembergischen Kirchenordnung forderte Herzog Ulrich dann aber Brenz an, da Schnepf und Blarer mit praktischen Fragen beschäftigt waren und Brenz mit der Brandenburg-Nürnbergischen Kirchenordnung bereits Erfahrungen auf diesem Gebiet vorweisen konnte. Brenz war im August/September 1535 in Stuttgart und erstellte hauptsächlich eine Gottesdienstordnung, die dem Modell des Prädikantengottesdienstes folgt, nicht der Deutschen Messe wie in Wittenberg und wie auch in Schwäbisch Hall. Aufbauend auf Vorarbeiten, die er als Prädikant in Schwäbisch Hall gemacht hatte, veröffentlichte Brenz 1535 einen Katechismus mit dem Titel Fragstück des christlichen Glaubens für die Jugend, der in Württemberg eingeführt wurde. Außerdem war Brenz an der Neuordnung des Eherechts im Herzogtum beteiligt. Ab April 1537 war er zusammen mit Joachim Camerarius gut ein Jahr mit der Reform der Universität Tübingen und dem Aufbau der dortigen evangelisch-theologischen Fakultät beschäftigt. Die Spannungen zwischen den im Schmalkaldischen Bund organisierten protestantischen Reichsständen (darunter die Reichsstadt Schwäbisch Hall) und Kaiser Karl V. mündeten 1546 in den Schmalkaldischen Krieg. Nach dem Scheitern des Donaufeldzugs zwang der Kaiser die süddeutschen Bundesmitglieder zur Unterwerfung. Am 16. Dezember zog Karl V. mit 20.000 Söldnern in Schwäbisch Hall ein, nahm ein Ehrengeschenk des Rats entgegen und bezog seine Residenz im Büschlerhaus, wo er Delegationen weiterer unterwerfungswilliger Stände empfing, bis er am 23. Dezember Richtung Heilbronn weiterzog. Die Haller Bevölkerung hatte die Last der Einquartierungen zu tragen. Brenz war durch seine Publikationen als Gegner von Papst und Kaiser bekannt. Beim Einzug des Kaisers und seiner Truppen blieb er in Hall. Ein nicht erhaltener Brief von Johannes Brenz an seinen Bruder Bernhard ist die Quelle für die Überlieferung, dass Brenz eine Predigt vor Karl V. gehalten und ein Gespräch mit dem gnädig gestimmten Monarchen geführt habe. In seinen erhaltenen Schriften erwähnte Brenz diese Begegnung nicht. Er berichtete, dass spanische Söldner sein Haus plünderten. Aus einem Brief Philipps von Hessen geht hervor, dass Brenz fast ermordet worden wäre und zu seinem Schutz eine kaiserliche Leibwache erhalten habe.Als belastende Dokumente sicherstellt wurden, floh Brenz am 20. Dezember in Verkleidung aus der Stadt und hielt sich auf freiem Felde im Ansbachischen versteckt. Frau und Kinder blieben zurück. Brenz war enttäuscht, weil der Rat ihn nicht schützte, und ließ sich erst bitten, bevor er am 5. Januar 1547 wieder nach Schwäbisch Hall zurückkehrte. Mit dem Augsburger Interim (15. Mai 1548) versuchte Karl V., die Lösung der religiösen Fragen im weitgehend katholischen Sinn zu erzwingen. Brenz und Isenmann verfassten für den Rat ein Gutachten, in dem sie das Interim als "Abgötterei" für unannehmbar erklärten und vorschlugen, eine Delegation zum Kaiser zu entsenden, die Milderungen aushandeln sollte. In anderen Gutachten riet Brenz dazu, Widersprüche im Text des Interim auszunutzen, um sich den Forderungen wenigstens teilweise zu entziehen. Der Rat schickte auch wirklich Gesandte nach Augsburg, doch als sich kaiserliche Truppen Schwäbisch Hall näherten, beeilte man sich, das Interim anzunehmen, um eine Einquartierung zu verhindern. Das Gutachten von Brenz und Isenmann zirkulierte unterdessen auf dem Augsburger Reichstag, und der Kanzler Nicolas Perrenot de Granvelle erhielt davon Kenntnis. Er ließ zwei Städteboten aus Schwäbisch Hall als Bürgen festsetzen und schickte den dritten zurück mit dem Auftrag, Brenz gefesselt nach Augsburg zu bringen. Dank einer anonymen Warnung entging Brenz knapp der Verhaftung und floh am 24. Juni 1548 endgültig aus Schwäbisch Hall. Brenz' schwer tuberkulosekranke Ehefrau Margarethe begleitete ihren Mann mit den Kindern, um im Württembergischen Zuflucht zu suchen. Im September 1548 kehrte sie aber zu ihrer Familie nach Hall zurück und starb dort am 18. November 1548. Johannes Brenz entging der Verhaftung und führte fünf Jahre ein Wanderleben. In Württemberg schützte ihn Herzog Ulrich, forderte aber von Brenz die Zusicherung, im Winter 1548/49 keine Anstellung von anderer Seite anzunehmen. Aus seinen Verstecken meldete sich Brenz mehrfach brieflich bei dem Nürnberger Veit Dietrich; aus Sicherheitsgründen deutete er seinen Aufenthaltsort nur an. Anscheinend hatte Ulrich vorgehabt, Brenz auf Burg Wirtemberg unterzubringen, ihn dann aber auf Burg Hohenwittlingen bei Urach bringen lassen. Über Straßburg reiste Brenz in die Grafschaft Mömpelgard (Montbéliard), die von Christoph von Württemberg verwaltet wurde, und weiter nach Basel, wo er den Stadtrat um zeitweilige Aufnahme bat. Im Frühjahr 1549 kehrte er über Straßburg nach Württemberg zurück, wo er seinen Aufenthaltsort nun häufig wechselte, so dass nur einige Stationen bekannt sind: am württembergischen Hof in Urach (21. Juli 1549), in Mömpelgard (Dezember 1549), dann von Herbst 1549 bis Frühjahr 1551, zeitweise zusammen mit seinen Kindern, als angeblicher Vogt auf der teilweise ruinösen und einsam gelegenen Burg Hornberg. Von dort aus unternahm er Ausflüge, so nach Mägerkingen, wo er Vorbereitungen für seine zweite Eheschließung traf. Er heiratete am 7. September 1550 in Dettingen an der Erms Katharina Isenmann, eine Nichte des Haller Superintendenten Johann Isenmann. Die nächsten Stationen waren Sindelfingen und Ehningen bei Böblingen. Herzog Christoph von Württemberg trat nach dem Tod seines Vaters (6. November 1550) ein schwieriges Erbe an. Ulrich von Württemberg hatte durch die Teilnahme am Schmalkaldischen Krieg auf protestantischer Seite seinen Lehnseid gegenüber König Ferdinand gebrochen. Nun wurde juristisch geprüft, ob Ferdinand das württembergische Lehen einziehen könne. Im Land stand eine spanische Besatzung, die den Handlungsraum Christophs zusätzlich einschränkte. Der Reichsabschied vom 13. Februar 1551 verpflichtete die protestantischen Stände, das Konzil von Trient zu beschicken. Christoph konnte sich dem nicht verweigern. Brenz reiste mehrfach nach Stuttgart, wahrscheinlich um die württembergische Stellungnahme für das Konzil auszuarbeiten, obwohl er noch keine feste Anstellung am herzoglichen Hof hatte. Dieses württembergische Bekenntnis (Confessio Virtembergica) wurde vorsichtig mit entsprechenden Texten aus anderen evangelischen Reichsständen abgestimmt – der Eindruck, dass die Mitglieder des Schmalkaldischen Bundes nach dessen Zerschlagung konspirierten, musste vermieden werden. Dabei wurde die Übereinstimmung der Confessio Virtembergica mit der Confessio Saxonica, dem von Melanchthon verfassten kursächsischen Bekenntnis, festgestellt. Kursachsen, Württemberg und Straßburg sondierten im Winter 1551/52 in Trient, ob die Sicherheit der Konzilsdelegationen gewährleistet sei. Diese waren seitens der katholischen Konzilsteilnehmer unerwünscht, aber auf kaiserlichen Druck zugestanden. An den offiziellen Verhandlungen konnten sie nicht teilnehmen. Von protestantischer Seite aus galt das Konzil als unfrei und gottlos; man war dort gleichfalls nur auf kaiserlichen Druck und versuchte es so einzurichten, dass man sich nur an den kaiserlichen Orator (Bevollmächtigten) wandte – um nicht implizit die Legitimität des Konzils anzuerkennen. Dies waren die Rahmenbedingungen, unter denen die württembergische Delegation am 7. März 1552 aus Tübingen aufbrach: Johannes Brenz, Jacob Beurlin aus Tübingen, Jacob Heerbrand aus Herrenberg und Valentin Vannius aus Cannstatt. Sie reisten zusammen mit zwei Straßburger Theologen, kamen am 18. März in Trient an und sollten am Folgetag ihr Bekenntnis, das am 24. Januar übergeben worden war, auf dem Konzil erläutern. Doch die Sitzung wurde abgesagt. Drei Wochen verbrachten sie in der Konzilsstadt, wo Nachrichten über den erfolgreichen Fürstenaufstand die Teilnehmer zur Abreise veranlassten. Angebote von katholischer Seite, privat ins Gespräch zu kommen, schlug Brenz unterdessen aus. Am 8. April trat die Württemberger Gruppe die Rückreise an und traf am 17. April wieder in Tübingen ein. Zum 10. Januar 1553 verlieh der Herzog Brenz das Amt des Stiftspropstes von Stuttgart. Vorrangig war Brenz damit beschäftigt, der württembergischen Landeskirche eine organisatorische Form zu geben. Er beseitigte Elemente synodaler Selbstverwaltung, die es in der Kirchenordnung von 1547 gegeben hatte, und ersetzte sie durch eine hierarchische, stark zentralistische Struktur. Zu Brenz’ Aufgaben gehörte die Neuordnung des Klosterlebens, wodurch die für Württemberg charakteristischen Klosterschulen entstanden. Die einzelnen Reformmaßnahmen bündelte die 1559 in Tübingen gedruckte Große württembergische Kirchenordnung, in der sowohl die organisatorischen als auch die theologischen Grundlagen der Evangelischen Kirche Württembergs festgeschrieben wurden. Die Besonderheit des Landtags von 1565 besteht darin, dass die evangelischen Prälaten als Vorsteher der großen Landklöster und teilweise zugleich Mitglieder des Synodus der württembergischen Landeskirche hier erstmals ihr politisches Gewicht einbrachten. Denn traditionell übernahmen Württembergs 14 große Landklöster ein Drittel der Steuerlast. Herzog Christoph war hoch verschuldet, als er 1565 den Landtag einberief. Unter dem Einfluss der Prälaten forderte der Landtag für die Steuerbewilligung Gegenleistungen, vor allem die schriftliche Zusicherung, beim Augsburger Bekenntnis zu bleiben und die Klosterschulen sowie das Tübinger Stift in bisheriger Form weiterzuführen. Christophs ältester Sohn, Erbprinz Eberhard (1545-1568) war bekanntermaßen alkoholkrank und weniger kirchlich als sein Vater. Die konfessionelle Neuorientierung der Kurpfalz (Heidelberger Katechismus 1563) stand dem Landtag vor Augen. Er forderte ein Widerstandsrecht gegen einen möglichen künftigen Konfessionswechsel des Herrschers. Christoph bot nur an, die Wünsche des Landtags in seinem Testament zu berücksichtigen. Brenz vermittelte einen Kompromiss, der in den Landtagsabschied einging. 1566 verfasste Johannes Brenz sein Testament. Dies gab ihm Gelegenheit, seine Biographie und die für ihn wichtigen Themen zusammenfassend darzustellen. Brenz litt an Hyperostose. Dies wurde bei Untersuchung seines Schädels festgestellt. Die typischen neurologischen Ausfallerscheinungen sind auch für Johannes Brenz überliefert. Ende 1569 erlitt er einen Schlaganfall, von dem er sich zunächst erholte. Mitte August 1570 kam eine fiebrige Erkrankung hinzu, daraufhin verschlechterte sich sein Zustand schnell. Am 11. September verstarb er mit 71 Jahren in Stuttgart. Er wurde am 12. September in der Stuttgarter Stiftskirche auf eigenen Wunsch am Fuß der Kanzel beigesetzt. 1637 wurde Brenz’ Grabstätte geöffnet und (im Zeichen der Gegenreformation) der Leichnam des an der Pest verstorbenen Jesuitenpredigers Eusebius Reeb hier beigesetzt. Bei einer Nachuntersuchung 1886 schien es, als seien Brenz’ Gebeine bei Reebs Beisetzung entfernt worden. Doch als man 1908 eine Heizungsanlage einbaute, fand man zwei Skelette. Diese wurden gemeinsam in einer mit Zinkblech verkleideten Holzkiste beigesetzt. Das Epitaph von Margarethe Brenz befindet sich heute in St. Michael zu Schwäbisch Hall. Brenz schrieb zwei verschiedene Katechismen, die irritierenderweise den gleichen Titel haben: Fragstücke des christlichen Glaubens für die Jugend. Den ersten Text schrieb er 1527 nieder, er wurde 1528 ohne sein Einverständnis und verändert gedruckt. Er gehört in den Kontext von Brenz’ Prädikantenamt in Schwäbisch Hall und seine dortigen Bemühungen um Reformen des Schulwesens. Interessant daran ist, dass diese Fragstücke älter sind als Luthers Kleiner und Großer Katechismus. Mit den 1535 in Hagenau gedruckten Fragstücken setzte Brenz nochmal neu an. Einerseits war er mit den Fragstücken von 1527/28 unzufrieden, andererseits wurde ab 1534 unter Herzog Ulrich die Reformation in Württemberg eingeführt. Brenz war als Berater beteiligt und erkannte die Bedeutung eines solchen Basistextes. Neben Luthers Katechismen und dem Heidelberger Katechismus schuf Brenz mit den Fragstücken von 1535 den wichtigsten deutschen Katechismus der Reformationszeit. Er bündelte Glaubensinhalte in 15 Fragen und Antworten in knapper, prägnanter und zum Auswendiglernen geeigneter Form. In der zur Vorlage auf dem Konzil von Trient verfassten Confessio Virtembergica knüpfte Brenz positiv an die kirchlich-abendländische Tradition an. Er übernahm die traditionelle Trinitätslehre und Christologie; gerade unter den Rahmenbedingungen des Interim war ihm die eigene Katholizität wichtig. Ungewöhnlich war die Herleitung der Rechtfertigungslehre von den drei theologischen Tugenden (Glaube, Hoffnung, Liebe). Der Dominikaner Pedro de Soto verfasste drei Jahre später eine Kommentierung und Zurückweisung der Confessio Virtembergica, die Assertio catholicae fidei (Köln 1555). Darin bestritt er Herzog Christoph das Recht zur Kirchenreform. Die württembergischen Theologen standen für ihn außerhalb des Traditionszusammenhangs der hierarchischen Kirche mit dem Papst an der Spitze. De Soto war im Auftrag des Augsburger Kardinals Otto von Waldburg mit dem Aufbau der Universität Dillingen befasst, die unter anderem Protestanten für die römisch-katholische Kirche zurückgewinnen und ein Gegengewicht zur evangelischen Universität Tübingen bilden sollte. Brenz antwortete mit einer fast 2000 Quartseiten starken Verteidigung (Apologie) des württembergischen Bekenntnisses, die von 1557 bis 1559 in mehreren Lieferungen gedruckt wurde. De Soto antwortete 1557 mit einer gegen Brenz gerichteten Defensio Catholicae confessionis, auf die Jacob Beurlin, Jacob Heerbrand, Johann Isenmann und Dietrich Schnepf mit einer 1561 in Frankfurt am Main gedruckten gemeinsamen Widerlegung antworteten: über 1900 Seiten in Folio, das sogenannte Große Buch von Tübingen. Es dokumentierte die ganze Kontroverse und bekräftigte den evangelischen Standpunkt der Württemberger, ohne inhaltlich Neues zu bieten. Im innerlutherischen Streit um die Rechtfertigungslehre, der ab 1550/51 als Osiandrischer Streit geführt wurde, nahm Brenz eine vermittelnde Haltung ein, da er den Gegensatz zwischen Andreas Osiander in Königsberg und Philipp Melanchthon in Wittenberg als bloßen Streit um Worte ansah. Das distanzierte ihn von Melanchthon und brachte Brenz das Angebot eines preußischen Bistums ein. Einige der letztlich unterlegenen Anhänger Osianders zogen sich nach Württemberg zurück. Brenz war in seiner politischen Ethik ein Schüler Luthers; er übernahm dessen Zwei-Reiche-Lehre. Diese war bei Brenz aber aufgrund seines reichsstädtischen Erfahrungshintergrunds anders akzentuiert; für ihn war die Christengemeinde identisch mit der Bürgergemeinde. Der Fürst wurde zu einer paternalistischen Fürsorge für die Untertanen verpflichtet; die Schaffung von Rahmenbedingungen für das evangelische Kirchenwesen war seine Pflicht. Er sollte sein Handeln nach dem gemeinen Nutzen, dem Wohlstand der Untertanen, ausrichten. Wenn der Fürst aber all dem nicht nachkam, begründete das kein Widerstandsrecht der christlichen Untertanen, allenfalls (wenn er Unchristliches von ihnen forderte) einen Leidensungehorsam. Im Bauernkrieg positionierte sich Brenz anders als Luther und Melanchthon, weil er diese Erhebung nicht wie sie in einen endzeitlichen Deutungshorizont stellte und darin nicht den Teufel am Werk sah. In seinem Gutachten zu den Zwölf Artikeln, das Ludwig V. von der Pfalz am 18. Mai 1525 von ihm ebenso wie von Melanchthon anforderte, lehnte er ein Widerstandsrecht der Untertanen ab und meinte, Leibeigenschaft sei mit der Bibel nicht zu beanstanden, da sie ja Sklaverei billige. In anderen Punkten (exzessive Strafen, Todfallabgabe) gab er den Bauern Recht und riet zu Kompromissen. Das Gutachten kam zu spät, um die politische Entwicklung zu beeinflussen. Nach der Niederlage der Bauern plädierte Brenz für Amnestie, da im Zug der Niederschlagung des Aufstands schon genug Gewalt verübt worden sei, in einer Dorfgemeinschaft Aufstandsbefürworter und Mitläufer nicht zu trennen seien und harte Strafmaßnahmen an den Bauern das ganze Gemeinwesen wirtschaftlich schädigten. Auch mit diesen Empfehlungen hatte Brenz keinen größeren Erfolg. Nach dem Augsburger Reichstagsabschied 1530 standen die evangelischen Reichsstände vor die Frage, ob sie ein Widerstandsrecht gegen den Kaiser hatten. Ja, erklärte Johannes Bugenhagen: die Fürsten und Städte seien Obrigkeit aus eigenem Recht, der Kaiser habe sich durch seine antireformatorische Positionierung sozusagen selbst abgesetzt, und man sei ihm gegenüber nicht zum Gehorsam verpflichtet. Aber Mitte der 1530er Jahre rückte Brenz von seiner Position ab und warb beim Stadtrat von Schwäbisch Hall um den Beitritt zum Schmalkaldischen Bund, da er rein defensiv sei. In seiner Interpretation des Hexenwesens steht Johannes Brenz in einer Reihe mit mehreren Theologen der Universität Tübingen wie Matthäus Alber, Jacob Heerbrand, Dietrich Schnepf, Jacob Andreae, Wilhelm Bidembach, Wilhelm Friedrich Lutz oder Theodor Thumm. Diese sahen Gottes Allmacht als so umfassend an, dass es keinen Schadenzauber geben konnte, weil letztlich auch das Unheil und Unglück von Gott selbst gelenkt werde, um die Sünder zu bestrafen und die Gerechten zu prüfen. Hexen hatten diesen Theologen zufolge aber wegen ihres Abfalls von Gott sehr wohl die Todesstrafe verdient. Die breiteste Wirkung ging von Brenz’ Katechismus aus.

(Quelle: Seite "Johannes Brenz". In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 24. Februar 2023)